Review über die digitale Lehre im online-SoSe 2020

Von | 10.03.2021

1. Rückblick über die digitale Lehre im SoSe 2020

Ein kurzer Review zum Online SoSe 2020.

Aufgrund der Covid-19 Pandemie wurden Dozierende und Studierende vor neue Herausforderungen gestellt. Diese wurden auf unterschiedlichste Art und Weise bewältigt, teilweise gelungen und teilweise ausbaufähig. Wir, die BuFaTa der Chemie- und chemienahen Fächer, wagen uns nun an eine Einschätzung des Online-Sommersemesters 2020. Hierbei möchten wir gelungene Lehre hervorheben, die als Inspiration und Vorbild genutzt werden kann. Jedoch soll auch die Frage beantwortet werden, wo Probleme aufgetreten sind und in welcher Art und Weise sich diese geäußert haben. Auf diese aufmerksam zu machen, um sie dann zu lösen, ist sowohl eine Aufgabe der Dozierenden als auch der Studierenden. Wir möchten betonen, dass sich keine der Parteien der Verantwortlichkeit entziehen sollte, keine der Parteien darf sich der Verantwortung entziehen, welche ihr obliegt.

Der wichtigste Punkt im Rückblick auf das letzte Online-Semester ist, dass eine digitale Lehre möglich ist. Dadurch hielt die Digitalisierung auch in Universitäten Einzug, in denen digitale Angebote bisher selten verwendet wurden. Die verpflichtende Auseinandersetzung mit digitalen Lehrinhalten führte zu einer zunehmenden Vertrautheit im Umgang mit dieser. Neben den synchronen Veranstaltungen, die den Studierenden einen Tagesrhythmus geben können, jedoch auch nicht von allen wahrgenommen werden, hat sich gezeigt, dass das Format des asynchronen Lehrangebotes zumeist sehr gut funktioniert. Dieses sollte aber immer in Verbindung mit einer Fragestunde oder offenen Sprechzeiten stehen, in welcher Rückfragen geklärt und weiterhin Kontakt zu den Studierenden aufrechterhalten werden kann. Die Bereitstellung der aufgenommenen Vorlesungen über einen längeren Zeitraum dient als zusätzliche Klausurvorbereitung und Nachbearbeitung der Vorlesungen. Durch das Einbinden von weiteren digitalen Medien wie Fragebögen, Do-Its und Quiz besteht die Möglichkeit das Wissen auf anderen Wegen abzurufen und aufzunehmen.

Fehlende Motivation bei den Dozierenden und Studierenden führt insbesondere/vermehrt während des Online-Semesters zu mangelhaften Lehrveranstaltungen. Da das persönliche Gespräch nach der Vorlesung entfällt, kann eine Kommunikationsbarriere entstehen und es schwieriger werden, Probleme anzusprechen. Regelmäßige offene Sprechzeiten anzubieten, um Kontakte zu den Studierenden zu pflegen und für diese erreichbar zu sein, ist deshalb wichtiger denn je. Trotz zeitlicher Flexibilität von asynchronen Lehrformaten sollte es vermieden werden, diese zu unregelmäßigen Zeiten hochzuladen. Auf Grund eines fehlenden zeitlichen Rahmens sollten die Videos an die Dauer von normalen Lehrveranstaltungen angepasst werden, sodass der Stoffumfang der Lehrveranstaltung nicht überschritten wird. Des Weiteren ist anzumerken, dass durch die hohe Anzahl an Online-Veranstaltungen viele Universitätsserver überlastet waren, weshalb mancherorts auf andere Plattformen ausgewichen wurde. Studierende verlieren dadurch den klaren Überblick über die Lehrmaterialien, was die Lehrstoffbearbeitung erschwert. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen sinkt auch der Praxisanteil, da Laborpraktika in einer verkürzten Form oder überhaupt nicht stattfinden dürfen. Eine Digitalisierung der Praktika sollte nicht damit einhergehen, dass die praktische Durchführung von Versuchen durch aufgezeichnete Videos oder vergleichbare Formate ersetzt wird, da die Praxiserfahrung ein essentieller Teil des chemischen Studiums ist.  Für eine Neugestaltung der Lehre in den kommenden Jahren ist es notwendig zu erkennen, dass die Zeit, welche jetzt in die Produktion von Aufzeichnungen gesteckt wird, keine Verschwendung von Ressourcen ist, sondern den ersten Schritt auf dem Weg hin zu einer digitalisierten Universität darstellt.

2. Was können Fachschaften tun, um die digitale Lehre zu verbessern?

Wie bereits festgestellt, bringt das digitale Semester bzw. die digitale Lehre einige Probleme mit sich. Einige dieser liegen außerhalb des Handlungsbereiches der Fachschaften, wie beispielsweise die Serverkapazität der verwendeten Plattformen einer jeden universitären Einrichtung. Viele Probleme, gerade im Bereich Lehre, können jedoch durch die Fachschaften verbessert oder gar behoben werden. 

Eine der wichtigsten Grundlagen stellt hierbei der Kontakt zu den Studierenden dar. So erhält man durch die Studierenden ein stetiges Feedback zu den Lehrveranstaltungen und der Gestaltung der digitalen Lehre. Um dies gewährleisten zu können, müssen die Fachschaften ihre Präsenz den Studierenden aktiv mitteilen und ins Gedächtnis rufen. 

Eine weitere wichtige Grundlage ist der aktive Kontakt zu den Dozierenden bzw. dem Dekanat. Probleme können mit diesen besprochen werden und vor allem deren Unterstützung erlangt werden. So kann Feedback zu den Lehrveranstaltungen und der Gestaltung der digitalen Lehre an die Dozierenden weitergegeben werden und bei eventuellen Komplikationen die eigenen Standpunkte durch das Dekanat gestärkt werden. 

Da die Probleme in der Gestaltung der digitalen Lehre nicht nur fachgebunden sind, sollte auch ein aktiver Kontakt zu der allgemeinen Studierendenvertretung gehalten werden. Hierzu ist das Erstellen eines AK für eben jene Problematik zu empfehlen. Die allgemeine Studierendenvertretung hat hierbei meist nochmal mehr Möglichkeiten eine Verbesserung zu bewirken, da diese im Kontakt mit Rektorat und Prorektorat stehen. So kam es bereits an universitären Einrichtungen zu einer deutlichen Verbesserung, da das Prorektorat für Lehre und Studium das Gespräch mit Dozierenden geführt hat, sollten diese negativ aufgefallen sein. Auch verbessert dies die Dialoggrundlage bzw. die Bereitschaft eines Dialogs der Fachschaften, da dies für alle Beteiligten der „angenehmere Weg“ ist.

In einigen universitären Einrichtungen existieren bereits Mentoring-Programme oder Vergleichbares. Diese basieren auf dem Austausch zwischen Studierenden unterschiedlicher Semester und sollen den Erstsemester-Studierenden den Einstieg in das Studium erleichtern, Ängste nehmen und Ansprechpersonen bei Problemen an die Seite stellen. Dies ist zum einen ein guter Weg, um Feedback zu erhalten, zum anderen aber auch Erstsemester-Studierenden zuzusprechen und das Kennenlernen der Erstsemester Studierenden untereinander voran zu treiben. Damit diese Idee besser umsetzbar wird, sollten Fachschaften in diese Programme integriert werden. Auch können so „Tipps für Studierende, um das digitale Semester erträglicher zu gestalten“ weitergegeben werden. Zudem ist zumeist die Hürde, bei Problemen studentische Mentoren zu fragen, niedriger als professorale Mentoren. An einigen Universitäten wurden bisher mit einem solchen Programm positive Erfahrungen gesammelt. Auch bietet ein solches Programm eine gute Gelegenheit zum Anwerben von Erstsemester-Studierenden für ein Engagement für die Studierendenschaft, sowie deren Vernetzung untereinander.

3. Tipps für Studierende, um das digitale Semester erfolgreich zu meistern

Auch liegen Probleme auf Studierendenseite, welche durch die Studierenden selber gelöst werden können. Aus den Diskussionsrunden wurde klar, dass teilweise Probleme bei der Bewältigung des Unialltages auftreten und diese unterschiedliche Ursachen haben. Da seit April 2020 ein Großteil der Vorlesungen, Übungen und Seminare von zu Hause aus besucht sowie vor- und nachbereitet werden, hat sich die Tagesstruktur vieler Studierender verändert. Eine geordnete Tagesstruktur zu planen und durchzuführen, stellt für viele Studierende eine Herausforderung dar, da sie sich einem erhöhten Ablenkungsrisiko gegenüberstehend sehen und ihnen teilweise die Orientierung schwerfällt.

Durch das teilweise erhöhte inhaltliche Volumen und der damit verbundenen erhöhten Vor-/ Nach- und Aufbereitung des Lehrinhaltes kann es schnell dazu kommen, dass während durchzuführender Laborpraktika die Vorlesungen vernachlässigt werden und die gesamte Organisation im Chaos versinkt. Doch was können Studierende tun, damit das Semester erträglicher wird?

Die Bewältigung der Herausforderungen der digitalen Semester erfordert von den Studierenden als Erstes Selbstdisziplin. Obwohl vielleicht nicht alle Veranstaltungen über das ganze Semester geplant werden können, so können schon in einfache Terminplaner die synchron stattfindenden Veranstaltungen eingetragen werden, um eine Grundstruktur zu schaffen. Finden Veranstaltungen asynchron statt, so sollten diese in freie Zeitslots um die synchron stattfindenden Veranstaltungen eingetragen werden. Hierbei sollte darauf geachtet werden, eine ausgeglichene Verteilung vorzunehmen und sich nicht zu überfordern. Digitale Planungstools (zum Beispiel Trello oder digitale Kalender) erleichtern die Planung und bieten die Möglichkeit, den Terminplaner immer mitzuführen. 

Damit der selbst erstellte Plan auch erfolgreich umgesetzt wird, ist rechtzeitiges Aufstehen und Anfangen essentiell. Am besten wird daher am Morgen damit begonnen, den Tagesplan abzuarbeiten. Für eine bessere Vereinbarkeit von Vorlesung und Labor ist es wichtig, mit den versuchsbetreuenden Personen Termine für die Durchführung von Antestaten und die Abgabe von Protokollen so zu vereinbaren, sodass der Arbeitsaufwand hierfür nicht zusätzlich erhöht wird. Eine gute Vorausplanung ist notwendig. 

Trotz eines möglicherweise hohen Arbeitsaufwandes ist es wichtig, Pausen einzuplanen! Um Eintönigkeit zu vermeiden, sollten daher regelmäßige Pausen und andere Aktivitäten eingeplant werden. Maßnahmen zur Verbesserung des digitalen Semesters liegen nicht nur in der Verantwortung der Studierenden, sondern auch in der von Dozierenden, sowie diversen studentischen und universitären Einrichtungen. Zum Beispiel können Studierende Dozierenden Feedback geben, egal ob aus Eigeninitiative oder auf Anfrage. Gibt es wichtige Anliegen, so können diese an die Fachschaftsvertretung oder andere studentische und universitären Einrichtungen weitergeleitet werden, um Verbesserungen zu erzielen. Für eine erfolgreiche Bewältigung des digitalen Semesters ist des Weiteren wichtig, dass Studierende sich nicht nur alleine mit den Lehrinhalten auseinandersetzen, sondern sich auch in Lerngruppen austauschen. Der Austausch kann, wenn möglich, analog unter Einhaltung eines Hygienekonzepts geschehen oder über Online-Plattformen (z.B. Zoom, Skype, BigBlueButton, Webex oder Discord). Fragen, die in den Lerngruppen nicht geklärt werden können, sollten an die Dozierenden und Übungsleitenden weitergegeben werden.

4. Ausblick bzw Lerneffekt aus dem digitalen Semester

Durch das digitale Semester wurden viele neue Eindrücke vermittelt und viele neue Möglichkeiten geschaffen, die die Lehre auch in Corona-freien Zeiten verbessern können. 

Digitalisierung sollte zukünftig stärker in das Studium eingebunden werden. Durch die digitale Bereitstellung von Vorlesungsinhalten, können Studierende, welche neben dem Studium einer Tätigkeit nachgehen oder aufgrund von Überschneidungen nicht an der Vorlesung teilnehmen können, die gelehrten Inhalte selbstständig nacharbeiten. Des Weiteren können Studierende bei Lehraufzeichnungen diese an ihr eigenes Tempo anpassen. Sollten nicht genügend Lernräume für Gruppenarbeiten zur Verfügung stehen, kann auf ein Angebot von verschiedenen Online-Lernplattformen zurückgegriffen werden, so dass auch eine örtliche Distanz überwunden werden kann. Die Kommunikation zwischen Dozierenden und Studierenden sollte auf digitalem Wege ebenfalls beibehalten werden.

Studiengänge mit Praktika müssen über eine Anpassung dieser nachdenken, damit es zu einem durchgängigen Erhalt dieser Leistungen im Falle einer weiteren Pandemie kommen kann. Das Erstellen und Einhalten von Hygienekonzepten kann auch im Winter bei Grippewellen von Vorteil sein. Digitale Testate und Kolloquien können für Praktika eine unterstützende Funktion darstellen und die Flexibilität aller Beteiligten verbessern. Die Einführung von Schichtsystemen kann zudem die Atmosphäre im Labor verbessern, die Laborassistierende entlasten sowie die Betreuung der Studierenden durch diese verbessern.

Zusammengefasst sollten die vergangenen Semester nicht nur als Ausnahmesituation gewertet, sondern auch als Chance gesehen werden, für kommende Semester die positiven Aspekte der Digitalisierung weiter in das Studium einzugliedern und zu verbessern.