3. Plenum: Samstag, 13.06.1998

„Studienführer der Stiftung Warentest“


Referent : Dr. Andreas Barz, CHE


1. Vorstellung des CHE

Das CHE wurde im Mai 1994 von der Bertelsmann Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) gegründet. Es hat seinen Sitz in Gütersloh und soll politisch unabhängig folgende Ziele verfolgen :

  • Förderung der Leistungsfähigkeit deutscher Hochschulen;
  • Verbesserung der Wirtschaftlichkeit;
  • Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit;
  • die Erhöhung der Transparenz an Hochschulen;
  • die Schaffung von Akzeptanz in Hochschule und Gesellschaft für eine leistungsorientierte und wettbewerbliche Steuerung von Hochschulen;

Beim Verfolgen dieser Ziele stützt sich das CHE auf drei grundlegende Arbeitsweisen:

  • Entwicklung und Erprobung neuer Strukturkonzepte an Hochschulen (in Kooperation mit Landesregierungen, Hochschulen und Fakultäten/Fachbereichen);
  • Ermöglichung des Informationsaustausches über Entwicklungen an den Hochschulen für alle an den Hochschulen beteiligten Gruppen (Politik, Lehrende, Studierende etc.) mittels Workshops, Symposien u.ä.;
  • Einbeziehung von Gutachten über Rahmenbedingungen und Grundlagen des Hochschulsystems (z.B. Hochschulzugang oder -finanzierung);

2. Vorstellung des Studienführers

Der Studienführer der Stiftung Warentest (SW) und des CHE entwickelte sich aus dem Auftrag der HRK an das CHE, zur Profilbildung an den deutschen Hochschulen beizutragen. Die Zusammenarbeit zwischen CHE und SW ergab sich durch die gute gegenseitige Ergänzung der beiden Institutionen. Während die SW aufgrund ihrer langen langjährigen Erfahrung sehr zu einer „kundenfreundlichen“ Gestaltung eines Studienführers beitragen konnte sowie über eine gut erprobte und differenzierte Methodik verfügte, brachte das CHE gute Kontakte zu den Universitäten sowie den Auftrag zur Leistungstransparenz in das gemeinsame Projekt mit ein.
Als Projektziele wurden formuliert :

  • das Bieten von Information und Orientierung für Studierende;
  • einen Beitrag zur Profilbildung der Hochschulen zu leisten;
  • den Wettbewerb zwischen den Hochschulen zu erhöhen;
  • für Leistungstransparenz zu sorgen;

Der Studienführer richtet sich deshalb primär an Hochschulwechsler und Studienplatzbewerber, in zweiter Linie an professionelle Studien-/Berufsberater (Hochschulen, Arbeitsämter) und tertiär auch an potentielle Arbeitgeber.

2.1 Methodische Leitlinien

Bei der Erstellung des Studienführers hielten sich die Verantwortlichen an einige methodische Grundsätze, um ein möglichst objektives Ergebnis zu erhalten :

  • der neue Studienführer sollte sich zwar an früheren Studienführern (Focus, Spiegel u.ä.) orientieren, aber die an diesen geübte Kritik sollte dabei berücksichtigt werden;
  • der Studienführer war nicht als Hochschul- oder Fachbereichsranking, sondern als ausführliche Studienfachbetrachtung gedacht;
  • die jeweilig ausgeprägte „Fachkultur“ mußte berücksichtigt werden;
  • die Sachinformationen sollten von den Hochschulen selbst stammen;
  • es sollten nicht nur Fakten, sondern auch die Wahrnehmung der Studierenden und ProfessorInnen wiedergegeben werden;
  • der Studienführer sollte sogenannte mehrdimensionale Entscheidungshilfen geben, d.h. verschiedene Aspekte auch des außeruniversitären Lebens beinhalten (z.B. Kosten am Studienort,Studien-
    atmosphäre, Studienergebnis oder Betreuung);
  • Experten wurden mit in die Erstellung einbezogen;


Die Experten konnten auf drei verschiedenen Ebenen auf den Studienführer Einfluß nehmen.
Auf einem vierwöchigen Workshop mit zwanzig Studierenden in Dortmund wurden 1996 die Kriterien herausgearbeitet, die im Studienführer bewertet werden sollten.
In einem Gremium der SW, dem Fachbeirat, konnten verschieden Vertreter auf die Entstehung des Studienführers einwirken. Jeweils einen Vertreter stellten dabei:

  • der deutsche Fakultätentag;
  • die Studierenden;
  • – Experten für Erhebungsmethodik;
  • die GDCH;

Darüber hinaus wurden für Detailfragen immer wieder Vertreter der HRK, der GDCH sowie andere Experten hinzugezogen.

2.2 Erhebung und Aufbau
Daten aus verschiedenen Quellen flossen in die Auswertung ein.
So wurden nicht nur Veröffentlichungen der einzelnen Hochschulen und Studentenwerke berücksichtigt, sondern auch Befragungen von Studierenden, Lehrenden, der Fachbereichsverwaltungen und Studentenwerke zur Analyse herangezogen.
Der Studienführer läßt sich in vier grobe Abschnitte einteilen :

  • allgemeine Informationen zu den Studienfächern;
  • Informationen zum zugehörigen Arbeitsmarkt; keine Befragung von Arbeitgebern, sondern Einschätzung des Arbeitsmarktes;
  • tendenzielle Orientierung anhand von Rankings, die sich an einzelnen Kriterien orientieren (z.B. Einschätzung der Hochschulen durch ProfessorInnen);
  • Tabellenteil, der Informationen zu den Fachbereichen der einzelnen Hochschulen, deren Ausstattung etc. enthält;


3. Diskussion

Kritik:an Herrn Barz gerichtete Kommentare
Frage: an Herrn Barz gerichtete Frage
Antwort:Antwort von Herrn Barz

1.
Kritik: Forschungsschwerpunkte der Hochschulen wurden nicht klar erkennbar; Auslastung eines
Fachbereichs wird nicht genannt;
Frage: Die gedruckten Daten/ Fakten sind zum Teil nicht korrekt (z.B. 100% Erfolgsquote bei
Abschlußprüfung), wurden die Daten nicht überprüft. z.B. durch Studierndenvertreter ?
Antwort: Der Studienführer soll nur erste Orientierung liefern, deshalb ist die volle Vielfalt nicht
darstellbar und die Forschung kann in weiterführenden Studienführern beurteilt werden;
außerdem sollte das Feld „besondere Merkmale“ genutzt werden, Schwerpunkte darzustellen;

  • Die gedruckten Daten stammen aus den Fachbereichsbefragungen, diese wurden einmal an die Fachbereiche zur Korrektur und Ergänzung und danach zum Abgleich noch an zentrale Stellen geschickt;
  • z.B. bei Drittmitteldaten wurden nur DFG-Gelder berücksichtigt;
  • Abbrecherdaten lassen sich nicht überprüfen, da sie an den meisten Hochschulen nicht erhoben werden;
  • Studierende können nur angesprochen werden, wenn sie gut organisiert sind (z.B. über Fachschaften);

2.
F.: Warum wurden so unterschiedliche Studiengänge wie Chemie und Wirtschaftswissenschaften zusammen herausgebracht?
A.: Es handelt sich um ein Pilotprojekt, weshalb eine breite Streuung in den Fächern erreicht werden sollte; die Chemie ist straff organisiert (auch durch Verbände wie die GDCH), WiWi sind etwas freier im Studienverlauf;
Es gibt finanzielle Interessen: WiWis sind zahlreich und Chemiker bald wieder gefragt, also wird die Nachfrage in diesen Fächern auch relativ groß sein;
Der Fragebogen soll für alle 16 geplanten Studiengänge ähnlich sein und wurde von Fachbereichen, Gremien u.ä. auf seine Aussagekraft überprüft;
Jeder Fachstudienführer soll turnusmäßig alle vier Jahre überarbeitet werden.

3.
F.: Sind Publikationen pro Wissenschaftler ein Qualitätskriterium ?
A.: Da berücksichtigte Publikationen alle aus Zeitschriften, die im „Science-Citation-Index“ geführt werden, stammen, sind diese Zahlen durchaus ein Maß für Qualität;

4.
K.: Fragen wurden teilweise falsch oder undifferenziert gestellt, weshalb sich ein Zerrbild ergeben kann (z.B. Laborplätze pro Studierende sind erfaßt, nicht aber, von welcher Güte diese Plätze sind;
A.: Die Komplexität der Fragestellung mußte reduziert werden, da es sich nicht um eine Evaluierung von Forschung oder Lehre handelt;

5. K.: Der Städteführer am Anfang des Studienführers ist gut gelungen;
Das Erscheinen der „Top-Rankings“ am Anfang ist schlecht, da nach Lektüre dieser die Gefahr einer Voreingenommenheit besteht;
Für Erstsemester sind Dinge wie das herrschende Betreuungsverhältnis wichtig, nicht die Zahl der Publikationen;
A.: Da ProfessorInnen die eigene Hochschule nie angeben durften wird bei den Rankings wird nur das Image der Universitäten abgefragt, was sich auch daran zeigt, daß bei den Fragen „Wo würden sie ihre Kinder zum Studieren hinschicken“ und „Wo wird die beste Forschung betrieben“ die gleiche Reihenfolge an Hochschulen genannt wurde;
Die Zahl an Publikationen ist für Hochschulwechsler sehr wohl interessant;

6.
K.: Auf dem Fragebogen tauchten viele wichtige Fragen, wie z.B. nach Inhalten oder Struktur der Lehre nicht auf;
A.: Die Darstellung sehr differenzierter Fragen ist schwierig, also muß eine Auswahl getroffen werden;
Die Güte des Fragebogens wurde in sogenannten Pre-Tests an 5 Hochschulen überprüft;
Verbesserungsvorschläge werden gerne angenommen, z.B. auf Workshops mit Studierenden;

7.
K.: Die Ausrichtung der Hochschulen ist nicht erkennbar;
A.: Eine genaue Profilbeschreibung war ursprünglich geplant und Fragen danach auf dem ersten Fragebogen noch enthalten (z.B. anwendungs- oder grundlagenorientierte Lehre und Forschung), wurde aber von den ProfessorInnen so nicht akzeptiert; der Punkt wanderte in den Bereich „Anmerkungen“ oder „Besonderheiten“.